Belichtungsdreieck meistern? Meine 20 Fotos helfen

Das Bild war schwarz, ich tappte sprichwörtlich im Dunkeln. Wie ein Möchtegern-DJ drehte ich die Knöpfe an meiner Kamera, die immer noch nach neuem Auto roch. Total überfordert. Belichtung bleibt wohl immer ein schwammiger Begriff. Selbst wenn man die Effekte kennt, ist sie eher ein Hindernis als ein Werkzeug. Bis einem plötzlich ein Licht aufgeht!

Mit der Kamera in der Hand habe ich mich an zwei sehr heißen Tagen durch meine Heimat bewegt, um dir die Belichtung bestmöglich anschaulich zu machen. Sogar mein Handy musste dran glauben! Das nenne ich Einsatz.

Die Belichtung stützt sich auf drei Säulen: ISO-Wert, Blendenzahl und Belichtungszeit. Diese bilden zusammen mit ihren Effekten Rauschen, Schärfentiefe und Bewegungsunschärfe das Belichtungsdreieck. Mit den Kameramodi M, S, A nutzt du ihre Stärken zu deinem Vorteil. Selbst in extremen Situationen.

Mein Lieblingsbild der zwei Tage. Ein bisschen Glück, ein bisschen Fingerspitzengefühl, aber vor allem die richtigen Einstellungen.

Die Belichtung verstehen

Was ist Belichten eigentlich?

Die Belichtung bestimmt die Menge an Licht, die wir auf den Sensor fallen lassen. Das beeinflussen wir durch die Kombination von Belichtungszeit, Blendenzahl und ISO-Wert. Diese drei Werte bilden die drei Seiten des Belichtungsdreiecks.

Werfen wir einmal Licht auf das Ganze. Die Belichtung geschieht in der Kamera. Sie hat erstmal nichts mit der Ausleuchtung der Szene zu tun, oder wie stark die Sonne scheint. Die Kamera macht das Bild mit einer starken Belichtung heller und mit einer schwachen Belichtung dunkler. Klingt intuitiv.

Grundsätzlich gibt es also gar keine korrekte bzw. falsche Belichtung. Es kommt eben darauf an, ob du dein Bild eher dunkel oder eher hell schön findest. Belichtung ist ein Gefühl. Das leuchtete mir erst spät ein. Zufrieden war ich dennoch nicht. Mit runzliger Stirn und aufgeweckten Augen machte ich mich auf die Suche nach den Regeln, die es für die Belichtung wohl geben muss.

Überbelichtung und Unterbelichtung

Zwei Fehler erkennt man leicht. Hat man ein Bild stark überbelichtet, fiel zu lange oder zu viel Licht auf den Sensor. Alle sehr hellen Bereiche im Bild werden ganz weiß, dunkle Bereiche werden hell. Wie würde ein hübsches Brautkleid überbelichtet aussehen? Die Kamera färbt das teure Kleid mit den Farben Perlweiß, Eierschalenweiß und Schneeweiß so, wie es manche Männer schon immer sehen: einfach weiß. Es gehen also alle hellen Texturen komplett verloren. Keine Software der Welt kann diese Informationen retten. Deswegen belichte immer für die hellsten Bereiche im Bild.

Ganz anders wirkt ein stark unterbelichtetes Bild. Ein Auto im matten Mitternachtsschwarz und eines im dunklen Monsungrau sehen dann gleich aus, einfach schwarz. Und da hat das unbeeindruckte Auge mancher Frauen keine Schuld. Stereotype beiseite, unterbelichtete Fotos und Videos besitzen zwar sehr viele Details in den hellsten Stellen, sind aber überall sonst tiefschwarz.

Mein unterbelichtetes Bild war total unbeabsichtigt. Den ganzen Tag ratterten die heißen Räder unter meinem Longboard, um schöne Augenblicke für diesen Artikel zu finden. Es gibt Phasen, da ist man völlig blind. Komplett verschwitzt und erschöpft gönnte ich mir eine Pause im Park. Kaum war der Reißverschluss meiner Kameratasche zu und das Bier fast in der Hand, kommt ein einradfahrender Jongleur vorbei. Ernsthaft? Ist das der Humor des Universums?

Foto geschossen, total unterbelichtet. Für die Kamera keine Zeit mehr. Also das Handy noch während der Verfolgungsjagd gezückt und PATSCH. Da hat mir wohl ein Käfer ein Bein gestellt! Wie die bunten Keulen flog mein Smartphone in hohen Bögen durch die Luft. Ergebnis: ich bin doch nur Amateur Jongleur.

Alles zu aufwändig. Helligkeit stelle ich mit Software ein!

Zugegeben, das würde uns einiges an Kopfzerbrechen ersparen. Ich war früher von meinem Smartphone sehr verwöhnt. Mit einer kurzen Berührung belichtet es perfekt und mit einem kleinen Swipe legt es auch den idealen Filter darüber. Ein Software-Problem also. Und was diese Software alles kann! Dennoch, mir fehlte die künstlerische Freiheit. Ich möchte das Foto selbst bauen, statt mich auf Computer-optimierte Fotos verlassen zu müssen. Ein Handwerk braucht eben deine Hand und dein Werken. Auch wenn Maschinen einem alles leichter machen, ein handgeknetetes Brot vom Bäcker schmeckt doch einfach besser. Und von einer guten Freundin noch besser. Die Mühe zählt.

Verändert man mit der Belichtung wirklich nur die Helligkeit? Na gut, ich gebe es zu. So simpel wie anfangs dargestellt, ist diese Frage nicht. Es gibt einen großen Haken mit drei Zacken. Aber wir schaffen das.

Bei der Belichtung sagst du deiner Kamera, wie empfindlich sie auf Licht reagieren soll. Soll sie ein schönes Bild selbst bei tiefster Nacht aufnehmen (sehr lichtempfindlich)? Soll sie ein grelles Licht ausgleichen (wenig lichtempfindlich)? Sollen helle Details genauer aufgenommen werden als Dunkle? Jetzt stellst du die richtigen Fragen.

Machen wir das Ganze doch mal anschaulich.

Diese Bilder habe ich direkt nacheinander aufgenommen, ohne die Lichtquellen zu verändern. Wie würdest du das Innenleben der Glühbirne aus dem ersten Bild sichtbar machen?

Wenn du die Helligkeit mit Software runterdrehst, blendet die Glühbirne nicht mehr so. Können wir dann in sie hineinsehen? Nicht wirklich. Das gesamte Bild wird dunkler, dafür aber gräulich. Das Licht des Drahtes hat den Aufnahmebereich total gesprengt. Mehr helle Details hat die Kamera im Originalbild ja auch nicht aufgezeichnet. Heller kann sie eben nicht.

Das dritte Bild wurde jedoch mit einer geringen Belichtung aufgenommen, die auf die hellen Details Wert legt (wenig lichtempfindlich). Die dunklen Bereiche sind fast nicht zu erkennen, da die Kamera bei so wenig Licht in dieser Einstellung nichts „sehen“ kann. Das starke Licht in der Glühbirne ist trotzdem ausreichend hell, sodass das Innenleben nun so richtig zur Geltung kommt. Den Draht erkennt man deshalb so gut, weil er für die Kamera nicht zu hell und auch nicht zu dunkel ist und genau in den sensitiven Aufnahmebereich fällt.

Heureka! Deswegen verändern wir die Belichtung überhaupt! Die Kamera soll die wichtigen Details im Bild perfekt aufnehmen können.

Das Belichtungsdreieck

Wie verändert man die Belichtung in der Kamera?

Irgendetwas muss ja in der Kamera passieren, wenn sich die Helligkeit verändern soll. Das geschieht nicht magisch. Es passiert stattdessen mechanisch (Blende), zeitlich (Shutter) und elektronisch (ISO). Jeder der drei Werte trägt seinen eigenen Teil zur Helligkeit des Bildes bei. Dieser Zusammenhang bildet unser Belichtungsdreieck.

Wie hell du es haben möchtest, wird also immer von diesen drei Werten beeinflusst. Und die sind wiederum für andere Effekte verantwortlich, die man jetzt auch noch einplanen muss. Die Blende verändert die Schärfentiefe, der Shutter die Bewegungsunschärfe und der ISO-Wert das Rauschen. Diese 6 Effekte besprechen wir Schritt für Schritt.

  • Hier gibt es meine Infografik, die die Effekte des Belichtungsdreiecks verständlich illustriert.

Die Belichtung bzw. Helligkeit ist also streng gekoppelt mit der Lichtintensität, aber auch mit der Räumlichkeit und der Bewegung der Szene. Du kannst das Bild regelrecht nach deinen Vorstellungen formen. Deswegen wirken manche Fotos und Videos so unglaublich gut. Die Künstler lassen uns in die Geschichte und in die Dynamik eintauchen. Die Unterwasserwelt als Schnorchler sehen und nicht als Fischer.

Zu überwältigend? Für mich war das am Anfang absolut verwirrend. Also schalten wir einen Gang zurück und fangen so an, wie ich es habe. Nämlich mit den Kameramodi, die mein kreatives Auge endlich öffneten.

Welcher Kamera Modus ist am besten?

Kurz und knapp: Bei vielen Fotografen ist vor allem ein Modus sehr beliebt: der Modus A. Er bietet eine gute Mischung aus künstlerischer Freiheit und Schnelligkeit. Für Filmmaker sieht das meist anders aus. Beim Modus M genießen sie vollste Kontrolle, die sie auch brauchen.

Übrigens, nicht alle Kameras, die ich empfehle, benennen die Modi gleich. A steht für Apertur, S für Shutter und M für Manual.

Ich verlasse den Kameramodus A beim Fotografieren so gut wie nie. Meistens habe ich einen gewissen Look im Sinn, den ich mit der Blende einstellen möchte (Schärfentiefe). Das ist meine erste Priorität. Die räumliche Aufteilung ist mir bei Fotos und Videos besonders wichtig. Dann passe ich die gewünschte Belichtung mit der Belichtungskorrektur an. Den ISO-Wert halte ich gering. Die Kamera übernimmt dann den Rest (Belichtungszeit und gegebenenfalls ISO-Wert). Wenn ich vermute, dass ihre Belichtungszeit unpassend sein wird, springe ich in den Modus M.

Aber jetzt greife ich schon gewaltig vor! Lassen wir erst einmal die Kamera diese schwierigen Entscheidungen treffen:

Auto Modus

Was genau stellt meine Kamera im Auto Modus an? Sie übernimmt das Jonglieren mit den drei Werten: Blendenzahl, Belichtungszeit und ISO-Wert.

Dazu misst sie aus verschiedenen Bereichen des Bildes die Helligkeiten und wie viel Licht ihr zur Verfügung steht. Diese Werte werden laufend angepasst, um das Foto oder Video optimal zu belichten. Was hierbei optimal belichten bedeutet, na das hast du momentan ganz deiner Kamera überlassen! Für welche Werte sie sich entscheidet, muss so gar nicht zu deinem Stil passen. Was wäre, wenn du die dunklen Töne detaillierter hervorheben möchtest? Wie gut schlägt sie sich bei Schnee oder bei Dunkelheit? Fragen, die nicht für den Auto-Modus gedacht sind.

Es passiert für ein Foto oder Video erstmal gar nicht so viel. Eigentlich gibt es nur drei Einstellungen, die für die Belichtung verantwortlich sind. Auch deine Kamera im Auto-Modus macht nicht mehr, als diese Werte zu verändern.

Wenn ich mein Bild so ansehe, muss ich an eines denken: Grenzen. Also lass uns symbolisch aus dem Auto Modus ausbrechen!

[Modus S] Belichtungszeit fixieren

Wir starten mal klein und wollen einen der drei Werte selbst wählen. Wir wählen den Shutter und damit die Belichtungszeit (Shutter Speed). Dazu stellen wir die Kamera jetzt auf den Kameramodus S. Mit dem Hauptdrehrad verändern wir nun die Werte für die Belichtungszeit. Blendenzahl und ISO-Wert wählt die Kamera selbst.

1. Was ist die Belichtungszeit?

Die Belichtungszeit gibt an, wie lange der Shutter offen ist und dadurch das Licht auf den Sensor fallen kann. Je länger er offen ist, desto mehr Licht sammelt sich an und desto heller wird das Bild. Daraus erkennst du sicher, dass sich der Shutter bei unterschiedlichen Lichtbedingungen verändern muss.

Die Belichtungszeit wird dabei in Bruchteilen von Sekunden angegeben (1/30). Manchmal wird auch nur der untere Wert angezeigt (30). Die Belichtungszeit halbiert sich beim Sprung von 30 auf 60. 1/60 Sekunden ist ja kürzer als 1/30 Sekunden. Typische Werte reichen von 1/4000 Sekunden (Kolibri) bis viele Minuten (Galaxie).

2. Der Nebeneffekt der Belichtungszeit: Bewegungsunschärfe

Was macht unser Hobby so besonders? Der eine Moment, ein Bruchteil einer Sekunde, um die Zeit zum Stehen zu bringen. Oder der Sternenhimmel, der selbst Galaxien zum Leuchten bringt. Genau für solche Momente ist der Shutter dein wichtigstes Werkzeug.

Mit einem schnellen Shutter frieren Bewegungen im Bild förmlich ein. Aber der Sensor hat auch wenig Zeit, um Licht zu sammeln. Die Szene muss dadurch bereits sehr viel Licht bieten. Anders ist das bei einem langsamen Shutter. Dabei wird der Sensor sehr lange beleuchtet und schnelle Bewegungen werden unscharf. Das ist wie mit einem Laserpointer, mit dem man Licht-Striche an der Wand zeichnen kann. Eigentlich wäre es ein Punkt, aber unser Auge hat einen zu langsamen „Shutter“ und die Bewegung wird verwaschen.

[Modus A] Blende fixieren

Nun kommen wir zum Modus, den sehr viele Fotografen fast immer verwenden. Wir wählen die Blendenzahl und damit wie weit die Blende geöffnet werden soll. Dazu stellen wir die Kamera jetzt auf den Kameramodus A. Mit dem Hauptdrehrad verändern wir nun die Öffnungsweite (Apertur). Belichtungszeit und ISO-Wert wählt die Kamera selbst.

3. Was ist die Blendenzahl?

Im Objektiv befindet sich ein kleines Loch, durch das das Licht hindurch muss. Die Blende ist das Material, das dieses Loch abdeckt. Die Blendenzahl gibt dabei das Öffnungsverhältnis der Blende an, also wie klein das Loch ist. Je weiter die Blende geöffnet ist, desto mehr Licht lässt das Objektiv auf den Sensor fallen und desto heller wird das Bild.

Die Blendenzahl wird so angegeben: f/5.6. Das ist das Verhältnis aus der Brennweite f und der Blendenzahl. Manchmal wird auch nur der untere Wert angezeigt 5.6, oder es ist als F 5.6 angeschrieben. Je größer diese Zahl ist, desto größer ist die Blende bzw. desto kleiner ist das Loch. Somit macht die Blende bei f/22 das Loch sehr klein und bei f/2.8 wird es sehr groß.

4. Der Nebeneffekt der Blendenzahl: Schärfentiefe

In unserem Aperature Priority Modus wollen wir aber jetzt nicht, dass sich die Blende automatisch an die Helligkeit anpasst, wie es unser Auge tut. Wir wollen stattdessen einen fixen Wert für die Blende. Die Kamera soll die Belichtung durch die anderen zwei Einstellungen anpassen. Warum wir nicht alles der Kamera überlassen fragst du? Ganz einfach, die Blendenzahl hat neben der Belichtung noch einen weiteren Effekt: die Schärfentiefe.

Mit einem großen Loch, z.B. f/2.8, kommt sehr viel Licht zum Sensor, aber auch die Schärfentiefe wird sehr schmal. Das ergibt die beliebten Bilder mit verschwommenen Vorder- und Hintergrund. Die Lichtstrahlen treffen aus allen Richtungen auf das Objektiv und vermischen sich am Sensor. Nur eine Richtung wird perfekt scharf in den Brennpunkt gelegt. Das ist der Fokuspunkt. (Fun Fact: Aus demselben Grund sehen wir in der Nacht weniger scharf, unsere Pupillen sind weit offen.)

Bei f/22 ist das Loch sehr klein und nur wenig Licht schafft es durch das Objektiv. Die seitlichen kommenden Lichtstrahlen werden von der Blende abgeblockt. In der Landschaftsfotografie bleiben dadurch weit entfernte Berge wie auch nähere Bäume im Fokus.

Der Effekt der Schärfentiefe ist besonders bei nahen Objekten ausgeprägt.

Schärfentiefe klingt einfach (ist sie auch), allerdings nur, wenn du die populären Denkfehler vermeidest. In meinem illustrativen Artikel zur Schärfentiefe zeige ich dir die zwei wichtigsten Tools, damit deine Komposition gelingt.

[Modus M] Blende, Shutter und ISO fixieren

Wenn du perfekte Videos und Fotos schießen möchtest, dann musst du die Mechanik deiner Kamera so gut verstehen wie ein Scharfschütze seine Waffe. Du musst das Licht einschätzen können, wie er den Wind. Wenn du nichts dem Zufall überlässt, dann ist der manuelle Kameramodus der richtige für dich.

Nein, das ist natürlich übertrieben. Der manuelle Modus ist anstrengend! Jetzt ist wirklich alles dir überlassen. Die Belichtungszeit, die Blendenzahl und den ISO-Wert musst du selbst wählen. Filmmaker lieben diesen Modus, weil sie dadurch die gesamte Belichtung auf einen Wert fixieren können. Die Kamera behält dann ihre Belichtung auch bei veränderlichen Lichtverhältnissen bei.

Nun bleibt nur mehr eines zu klären:

5. Was ist der ISO-Wert?

Der ISO-Wert erhöht die Lichtempfindlichkeit des Sensors. Je größer der Wert, desto heller wird das Bild. Die Menge an Licht am Sensor wird dabei nicht verändert, denn der Sensor verstärkt das eingetroffene Licht nur elektronisch. Der Standard ISO-Wert liegt bei 200, bei dem die meisten Kameras die schönsten Bilder produzieren. 

6. Die Schattenseite von ISO: Rauschen

ISO macht meine Kamera lichtempfindlicher? Super! Kann ich jetzt einen schnellen Shutter und eine große Blendenzahl wählen und Sternschnuppen bei Neumond fotografieren? Die Antwort lautet: Ja natürlich. Ob es besser aussehen wird als mit aufgesetzter Objektivkappe, ist eine andere Frage.

Die häufige Analogie mit dem Eimer, der mit Wasser statt mit Licht gefüllt wird, ist absolut falsch!

Der ISO-Wert verändert die Lichtmenge nicht und kann auch nicht magisch Licht und schon gar nicht Wasser erzeugen. Der Sensor verwandelt das gesammelte Licht in Elektronen. Anschließend verstärkt der ISO Wert nur noch die bereits gesammelten Elektronen und tut so, als hätte es das Licht gemacht. Der Sensor reagiert also auf das eingetroffene Licht empfindlicher, es sind ja mehr Elektronen da, aber die Bildqualität wird schlechter. Wie bei der stillen Post. Wenn der Letzte das Wort laut sagt, wurde das geflüsterte Wort verstärkt. Besser wäre gewesen, der erste sagt es von Anfang an laut. Aber wo bleibt da der Spaß!

Bei zu hohen ISO Werten schleicht sich ein Rauschen ein und die Bilder wirken nicht mehr so knackig. Das sieht man besonders im starken Zoom. Aber für kleine Sprünge ist ISO unglaublich wichtig. Manche Kameras behalten selbst bei hohen Werten eine super gute Qualität, andere tun sich da oft schwerer. Ich sehe ISO als ein Ass im Ärmel. Für die meisten Fälle versuche ich diesen Wert niedrig zu halten, aber wenn man es braucht, dann gibt es keine Ausreden. Dennoch, meine Schultern spannen sich an, wenn ich den Wert zu weit erhöhe. Dabei bleiben ein, zwei Stops sowieso unbemerkt.

Bei allen Modi könntest du den ISO-Wert limitieren oder sogar fix einstellen. Dann bleibt eine Einstellung weniger, um die du dich kümmern musst.

  • Die Grundkenntnisse hast du jetzt. Doch die Praxis hat es in sich! Hier gibt es einen Live Shoots Workshop, der dir die Praxis und noch mehr zeigt. Julia und Gil geben dir mit ihrer sympathisch-lockeren Art einen Blick hinter die Kulissen.

Belichtungszeit bringt Filmemachern nichts

Beim Filmen ist man mit der Belichtungszeit stark eingeschränkt. Der Grund dafür ist die Framerate, die man im Vorhinein schon festlegt. Für die Belichtungszeit wählt man laut der 180° Regel immer die doppelte Framerate. Das erzeugt die perfekte Menge an Bewegungsunschärfe für Videos. Diese Einschränkung kann man aber umgehen.

Bei 30 fps schießt deine Kamera 30 Einzelbilder pro Sekunde. Das heißt, jedes Einzelbild hat nur 1/30 (≈ 0.033) Sekunden lang Zeit, um belichtet zu werden. Danach ist schon das nächste Bild an der Reihe. Zusätzlich wird diese kurze Zeitspanne halbiert, damit Bewegungen nicht ruckeln oder verschwommen aussehen (180° Regel). Also stellt man den Shutter auf ca. 1/60 (≈ 0.017 s). Jetzt hast du bei der Belichtungszeit kaum noch Freiheiten! Wenn du spielend leicht mit Frameraten jonglieren möchtest, in meinen beliebten Artikel gibt es mehr dazu.

Statt Belichtungszeit: ND-Filter

Wir Filmmaker schummeln beim Belichtungsdreieck und ersetzen die starre Belichtungszeit durch den variablen ND-Filter. Dieser Filter verdunkelt das Bild ganz gleichmäßig in der gewünschten Intensität. Hä? Licht wegzunehmen klingt erstmal nicht nach einer guten Idee!

Manche Settings können eben nicht verändert werden: Belichtungszeit ist abhängig von der Framerate, ISO Wert soll ganz niedrig sein. Bleibt nur mehr die Blende. An einem sonnigen Tag mit weit geöffneter Blende bist du ganz sicher überbelichtet. Du brauchst also eine Lösung, die das einfallende Licht reduziert.

Dafür gibt es variable ND-Filter, die vorne am Objektiv sitzen und durch einfaches Drehen ihre Verdunkelung ändern. Jetzt kannst du mit der offenen Blende, die eine schöne Schärfentiefe erzeugt, problemlos in der Sonne filmen. Außerdem, wie merkwürdig würde es aussehen, wenn die Kamera die Blende laufend verändert? Die ND-Filter, die mir gefallen, habe ich hier aufgelistet.

Tools, um Fotos und Videos korrekt zu belichten

Manuelle Belichtungskorrektur ist Goldwert

Welches der drei Bilder habe ich korrekt belichtet?

Super, du hast aufgepasst! Es ist Geschmackssache und nicht eine Frage der korrekten Belichtung. Bild 1 ist recht dunkel aber stylisch. Bei Bild 3 werden ein paar helle Details schon sehr weiß. Ich persönlich habe mich für Bild 2 entschieden. Und du?

Deine Kamera hat auch ihren eigenen Geschmack. Egal welche Werte du wählst, sie wird dir unter die Nase reiben, wie sie es belichten würde. Ein kleiner Besserwisser. Sie verrät es dir über die Option Belichtungskorrektur.

In den Modi S und A wählst du ja nur eine Einstellung selbst, die Blende oder die Belichtungszeit. Die anderen übernimmt die Kamera. Dabei hat die Belichtungskorrektur eine besondere Aufgabe. Deine Kamera schätzt immer eine gute Belichtung ab. Du kannst ihr aber gerne sagen, dass das Bild dunkler oder heller sein soll. Dazu drückst du den +/- Knopf und stellst die gewünschte Belichtungskorrektur selbst ein. Die Kamera wird dann mindestens einen freien Wert entsprechend anpassen.

-1, +0 und +1 zeigt an, um wie viele Blendenstufen du die Belichtung vom vorgeschlagenen Wert verändert hast.

Diese Einstellung ist beim Fotografieren extrem wichtig für mich! Sie liegt auf meinem sekundären Drehrad. Wenn die Sonne heiß im Nacken brennt und sich plötzlich ein einsames Wölkchen vor sie schiebt, ändern sich die Lichtverhältnisse schnell. Mit einem Klick passe ich dann die Helligkeit an, ohne groß mein kreatives Bild zu verändern. Simpel. Es spricht natürlich nichts dagegen, zwei oder drei Einstellungen zu wechseln.

Histogramm für den Überblick

Du bist jetzt in einem Abschnitt gelandet, der deine Fotos und Videos wohl für immer verändern wird. Das Histogramm ist dein wichtigstes Mittel, um die Belichtung objektiv bewerten zu können!

Des Öfteren habe ich von der Belichtung als Stilmittel gesprochen. Sie ist ja eine Frage vom gewünschten Look. Was machst du, wenn du deinen Kameradisplay in der Sonne schlecht siehst? Wie sehr vertraust du deinem Mini-Display überhaupt? Ja klar, in meinem Artikel erkläre ich, wie ein externer Kameramonitor das alles erleichtert. Um eines kommt man aber nicht herum:

So funktioniert das Histogramm

Das Histogramm schlüsselt dir die Anzahl aller Grautöne im Bild auf. Sie werden in einem Graphen dargestellt, der die Häufigkeit der dunkelsten, mittleren und hellsten Stellen sortiert. Ganz links ist absolutes Schwarz, ganz rechts absolutes Weiß. Je größer die Spitze, desto mehr Werte im Bild besitzen diesen Grauton.

Mit Histogramm Überbelichtung vermeiden

Überbelichtung erkennst du am Histogramm besonders leicht. Es wird dir eine Spitze ganz rechts anzeigen. Alle Details, die heller als dieses maximale Weiß wären, gehen verloren. Weißer als Weiß gibt es nur in der Textilwerbung. Analog gilt das auch für den ganz linken Bereich für Schwarz. Da ist es optisch meist weniger schlimm und kann kreativ eingesetzt werden.

Das obere Bild, auf dem Dimitri brav posiert, zeigt das besonders gut. Das weiße Fell besitzt kaum Textur und selbst das Gras ist zwischendurch weiß statt hellgrün. Im Histogramm siehst du sehr viele Werte ganz rechts und sogar eine riesige Spitze. Klare Überbelichtung.

Die Kamera liefert dir beim Histogramm nur die Sensordaten. Es liegt an dir, den Graphen zu interpretieren. Enthält die Szene sehr viele Schatten, also sehr viele dunkle Töne? Dann erwarten wir einen Berg ganz links. Oder bist du von Schnee umgeben und es sollten überwiegend helle Werte auftauchen? Jetzt kannst du deine Belichtung so verändern, dass das Live Histogramm mit dem, was dein Auge sieht, übereinstimmt.

  • Wenn du nur eines von heute mitnimmst, dann das: Die hellsten Bereiche in deinem Bild müssen all ihre Details behalten. Die kleinste Idee mit dem größten Ergebnis.

Die Belichtung ist die Seele der Kamera

Komposition ist mehr als nur Objekte kreativ anzuordnen. Auch die Belichtung schafft Raum, nimmt Raum, zeigt Details oder verschleiert. Sie bringt Bewegung, verstärkt Kontraste oder reduziert auf das Wesentliche.

Ich bin fasziniert von meiner Kamera wie ein öliger Mechaniker von seinem Motor. Sie ist nicht mehr nur ein Gerät, das Licht einfängt. Sie ist ein sensibles Werkzeug, das wir geschickt in der Hand führen, um genau die Geschichte einzufangen, die wir in diesem Moment fühlen.

Ein Bild spricht 1000 Worte. Was gesagt wird entscheidest jetzt du.